Aber genau dies geschieht seit dem ersten weltweiten Abkommen zum Schutze des Klimas. 1992 wurde im japanischen Kyoto verbindlich verabredet, bis 2012 weniger Treibhausgase auszustoßen. Doch im weltweiten Maßstab lässt sich seit dem Kyoto-Protokoll nur eine Phase beobachten, in der die Emissionen gesunken sind: während der großen Rezession 2008/2009, ausgelöst durch die Finanzkrise.
Viele Interessenkonflikte vor dem Gipfel
Aller europäischen und auch internationalen Bemühungen zum Trotz ist bis heute keine Lösung gefunden worden, globales Wachstum mit globalem Klimaschutz zu verbinden. Mit halben Sachen lässt sich der CO2-Ausstoß auf einem ganzen Planeten nicht senken.
Dies führt vor der kommenden Konferenz in Paris zu einer schwankenden Stimmung zwischen „Jetzt erst recht“ und „So kann es nicht weiter gehen“. Die Interessenkonflikte sind zahlreich und nehmen noch weiter zu. Das zerbrechliche Gleichgewicht zwischen Industriestaaten und Schwellenländern ist spätestens seit der Konferenz 2009 in Kopenhagen ausden Fugen geraten. Europa ist mehr oder weniger isoliert. Vermutlich werden in Paris wie in den Vorjahren die USA und China ihre Interessen durchsetzen. Beide Staaten wollen wie Europa die Emissionen langfristig senken. Allerdings haben China und die USA gänzlich andere Vorstellungen davon, wann die Eindämmung der Emissionen beginnen und welche Regionen der Welt den entscheidenden Beitrag zur Senkung der Emissionen liefern sollen.
Hoher Erfolgsdruck in Paris
Seit Beginn der internationalen Verhandlungen nimmt Europa eine Vorreiterrolle ein und versucht mit seiner Vorbildfunktion Nachahmer für den Klimaschutz zu finden. Doch andere Industrieländer haben sich von dieser Idee eher entfernt als sich ihr angenähert. Während in Europa die Treibhausgasemissionen seit 1990 um mehr als 20 Prozent reduziert wurden, haben sich die weltweiten Emissionen seither verdoppelt. Dazu haben sowohl die Steigerungen in den
Schwellenländern China, Indien, Brasilien und Indonesien als auch in den Industrieländern USA, Japan, Kanada und Australien beigetragen. Aus der Sicht Chinas und anderer Schwellenländer ist es eine sinnvolle Strategie, mittelfristig auf das eigene Wachstum zu setzen und von den Industrieländern Vorleistungen zu verlangen.
Die Verhandlungspartner stehen vor der Konferenz in Paris unter hohem Druck, ein positives Ergebnis zu erzielen. Angesichts der unterschiedlichen Interessen ist ein erneuter Formelkompromiss vorgezeichnet. Es dürfte aber im Sinne effektiver Fortschritte beim Klimaschutz nicht ausreichen, sich erneut lediglich auf zukünftige Verhandlungen über konkrete Emissionsminderungen zu verabreden.
Noch viel weniger dürfte es ausreichen, auf dieser Grundlage die Klimapolitik in Europa auf dem geplanten Pfad über 2020 hinaus fortzusetzen. Denn es besteht die reale Gefahr, dass die bis 2050 vorgesehenen CO2-Minderungen in Europa durch das Wachstum andernorts mehrfach überkompensiert werden. Es bedarf einer Vereinbarung, die weltweit gilt und spürbare Beiträge aller Staatengruppen umfasst.
Wohin steuert Europa?
Über Erfolgsaussichten und das Verhandlungsgeschick der Europäischen Union gibt es geteilte Meinungen. Sowohl die EU-Kommission als auch die Bundesregierung setzen weiterhin auf ein internationales und verbindliches Abkommen.
Dabei erfahren sie von den Wirtschaftsverbänden breite Unterstützung. Vor allem die Grundstoffindustrie knüpft ihre Unterstützung an zumindest vergleichbare internationale Wettbewerbsbedingungen.
Dies ist für die NE-Metallindustrie in Europa existenziell. Nur unter gleichen Bedingungen, also zu gleichen CO2-Kosten, sind Investitionen in Europa rentabel. Zu befürchten ist allerdings, dass es in der Europäischen Union bis 2030 spürbar höhere CO2-Preise geben wird als in anderen Regionen. Die aktuelle Debatte über eine Marktstabilitätsreserve zielt sogar direkt darauf ab, im europäischen Emissionshandelssystem den CO2-Preis zu erhöhen. Der von der Metallindustrie geforderte Ausgleich vor allem für die indirekten CO2-Kosten im Strompreis erfolgt dennoch nur teilweise und unter Haushaltsvorbehalt.
Selbst unter den heute geltenden Regeln ist ein Anstieg des CO2-Preises um 10 Euro je Tonne mit Zusatzkosten von rund 30 Millionen Euro verbunden, für die es keinen Ausgleich gibt. Das Vertrauen in das Instrument Emissionshandel und die Politik wird dadurch beschädigt. Der jüngste Vorstoß der Bundesregierung einer CO2-Sonderabgabe für ältere Kohlekraftwerke würde zusätzlich und ohne Ausgleich den Strompreis erhöhen.
Mut zum Umdenken für eine neue Weichenstellung
Die erfahrenen Akteure der internationalen Klimaverhandlungen suchen inzwischen nach neuen Wegen. Anknüpfungspunkte bilden die weltweiten Themen wie Bevölkerungswachstum, Energie- und Ressourcenknappheit. Hier bedarf es ebenfalls durchgreifender Lösungsstrategien. Für Energie- und Ressourceneffizienz entstehen Märkte, die Technologien und Kompetenzen hervorbringen, nach denen im Sinne des Klimaschutzes dringender Bedarf besteht. Eine Weichenstellung in diese Richtung verlangt Umdenken und Mut. Die NE-Metallindustrie wäre hierbei als Problemlöser eine Schlüsselindustrie.
Sie könnte sich mit ihren innovativen Werkstoffen positionieren und wieder mehr in Deutschland investieren. Wir setzen uns für eine Klimapolitik ein, die gemeinsam mit der Industrie nach internationalen Wegen und Lösungen sucht, die Emissionen zu senken. Es ist im globalen Interesse.
Dieser Artikel ist in unserem Geschäftsbericht 2014.2015 erschienen – den vollständigen Geschäftsbericht finden Sie hier