DIGITALE WIRTSCHAFTDie Change Dimension der Industrie 4.0

Der WVM-Vorstand befasst sich mit der Digitalisierung der Industrie

13.11.2014

Auf der Vorstandssitzung der WirtschaftsVereinigung Metalle in Köln stand in diesem Herbst auch die Digitalisierung der Industrie auf der Tagesordnung. In der fortlaufenden Debatte über die Industrie 4.0 dominieren in diesen Wochen zwei Fragestellungen. Zum einen: Welche technologischen Herausforderungen kommen auf Deutschland zu? Zum anderen: Was bedeutet die Industrie 4.0 für die Arbeitswelt?

Mit der im August vorgestellten Digitalen Agenda will die Bundesregierung die digitale Aufholjagd Deutschlands einleiten. Diese wird dringend nötig sein, will das Land die technischen Anforderungen der Industrie 4.0 erfüllen. Bei der Versorgung von Haushalten und Unternehmen mit besonders schnellen Internetverbindungen über Glasfaserkabel ist Deutschland im internationalen Vergleich abgeschlagen. Weniger als ein Prozent der Haushalte sind hierzulande versorgt, beim europäischen Spitzenreiter Litauen sind es mehr als 20 Prozent. Die Investitionskosten, die auf Deutschland zukommen, sind enorm: Eine flächendeckende Versorgung des Standorts mit Glasfaserkabeln würde einer Studie zufolge zwischen 85 und 94 Milliarden Euro kosten.

Mit der Digitalen Agenda bleibt die Bundesregierung hinter solchen Ausbauzielen zurück. In dem Papier heißt es: „Das Ziel der Bundesregierung ist es, dass mittels eines effizienten Technologiemix eine flächendeckende Breitbandinfrastruktur mit einer Download-Geschwindigkeit von mindestens 50 Mbit/sek.bis 2018 entsteht.“ Experten halten dieses Ziel für nicht ausreichend. Mit der heutigen Ausstattung lege man vernetzte Maschinen eher lahm. Statt 50 Megabit pro Sekunde werde man für die digitale Industrie 30 bis 40-mal so viel benötigen.

Auch die Frage der Datensicherheit ist weiterhin ein wichtiges Thema. Die Hackvereinigung Chaos Computer Club warnt, der nächste große Automatisierungsschub komme zu früh. Es gebe noch erhebliche programmtechnologische und Datensicherheits-Probleme. Derzeit stehe die Software in der nötigen Qualität für die Industrie 4.0 noch gar nicht zur Verfügung. Es bestehe die Gefahr, dass Daten für Cyberspione auslesbar sein könnten. 

Neben den technischen Aspekten werden vielfach auch die Auswirkungen auf die Arbeitswelt diskutiert. Experten sind sich einig, dass „Kollege Computer“ die Fachkraft nicht verdrängen wird. „Die menschenleere Fabrik ist weder realistisch noch wünschenswert“, schreibt Horst Neumann, Mitglied des Volkswagen-Vorstands. Dennoch wird sich laut Fraunhofer-Institut die Arbeitsorganisation durch die Digitalisierung grundlegend verändern.“ Arbeitgeber erwarten die „Generation Wissensarbeiter“ (siehe Grafik). Lebenslanges Lernen wird eine Grundvoraussetzung sein, um dem technologischen Wandel folgen zu können. DGB-Chef Reiner Hoffmann prognostiziert, die Halbwertzeit von Qualifikation werde dramatisch sinken. Wer jetzt seine Ausbildung oder seinen Hochschulabschluss mache, der müsse sich darauf einstellen, dass in zehn Jahren gut 50 Prozent seines Wissens veraltet ist.

Die Change Dimension der Industrie 4.0 auch für die Arbeitswelt muss bereits heute gesellschaftlich diskutiert und vorbereitet werden. Für die Fachkraft in der Industrie 4.0 wird systematisches Lernen und Weiterdenken alltäglich sein. Zugleich werden Maschinen und entsprechende Algorithmen dem bisherigen Führungspersonal Entscheidungen abnehmen. Dadurch werden sich Gestaltungsmöglichkeiten für Mitarbeiter verlagern. Diese Prozesse sollten bereits heute antizipiert werden.

Nicht vorhersagen lässt sich bisher, welche technischen Standards in Zukunft gelten werden. Experten gehen davon aus, dass es einen globalen Standard geben wird und geben muss. Derzeit gibt es einen harten Wettbewerb zwischen der deutschen und der US-Industrie. Profitieren wird am Ende derjenige, der sich bei den dann geltenden Software- und technischen Standards durchsetzen kann.

Auch der BDI geht das Thema offensiv an und hat bei der Beratungsfirma Roland Berger eine Analyse in Auftrag gegeben. Darin soll unter anderem der Status quo zum Thema Industrie 4.0 untersucht werden. Schon im Dezember oder im Januar werden voraussichtlich erste Erkenntnisse aus der Studie zur Verfügung stehen.

 

Weitere Links:

Plattform Industrie 4.0 des BITKOM

Informationen des Bundesforschungsministeriums

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