Richtlinie über IndustrieemissionenUmsetzung der neuen Richtlinie über Industrieemissionen schafft keine fairen Marktverhältnisse

Ab 2013 beginnt für die Genehmigung von Industrieanlagen in der EU eine neue Zeitrechnung. Umweltbelastungen durch Industrieanlagen sollen durch eine neue integrierte Genehmigungspraxis vermieden oder drastisch vermindert werden. Die neue Richtlinie 2010/75/EU über Industrieemissionen (engl. Industrial Emissions Directive, IED) ersetzt die bisherige IVU-Richtlinie und fasst diese mit sechs sektoralen Richtlinien zusammen, die Anforderungen an einzelne Anlagentypen enthalten. Hauptziel ist es, einheitliche Umweltanforderungen und damit faire Wettbewerbsbedingungen in der Europäischen Union durch eine verstärkte Anwendung der besten verfügbaren Techniken bei der Anlagenzulassung zu schaffen. Im Verlaufe der zweijährigen Umsetzungsfrist wurde jedoch deutlich, dass Deutschland das Ziel der Wettbewerbsangleichung durch Angleichung ökologischer Standards durch ein strenges nationales Konzept mit einseitiger ökologischer Ausrichtung ersetzt. Das Potenzial der Richtlinie, industriepolitische Akzente mit geringen Emissionen und der Schonung von Naturressourcen sinnvoll zu verbinden, wurde nicht ausgeschöpft und damit die Chance für ein Level Playing Field zumindest in der EU und den assoziierten Ländern vertan.

Die Umsetzung der Richtlinie ist zweifelsohne eines der umfangreichsten und eingriffsintensivsten umweltrechtlichen Gesetzgebungsvorhaben der laufenden Legislaturperiode. Um sie in nationales Recht zu überführen, hat der Bundesumweltminister am 25.11.2011 einen weitreichenden Entwurf eines Artikelgesetzes und einer ersten Artikelverordnung veröffentlicht.

Durch das Artikelgesetz werden Gesetze und Verordnungen auf dem Gebiet des Immissionsschutzes, des Abfallrechts, des Wasserrechts und des Bodenschutzrechts angepasst. Insgesamt finden sich Änderungen an 15 Gesetzen und Verordnungen. Diese Anzahl lässt den Einfluss der Rechtsänderungen auf die von der IED-Richtlinie erfassten Industrieanlagen erahnen, zumal das Ministerium für Umwelt, Naturschutz und Reaktorsicherheit (BMU) noch eine weitere Artikelverordnung vorgelegt hat, die insbesondere die 13. und die 17. BImSchV betreffen.

Doch nicht die Anzahl der Änderungen ist für die Anwendung wichtig, sondern die qualitative und inhaltlich angemessene Umsetzung unter Beachtung der nationalen Interessen. Diese Anforderungen werden bei der derzeitigen Umsetzung nicht in dem Maße erfüllt, wie es für den Industriestandort Deutschland nötig wäre.

Eine Übererfüllung (Gold plating) von Richtlinien im Zuge der laufenden Vereinfachung einzelstaatlicher Rechtsvorschriften kann durch die EU-Kommission abgelehnt und eine Eins-zu- Eins-Umsetzung angemahnt werden. Gerade diese wird bei der nationalen Umsetzung der IED nicht eingehalten.

Branchenübergreifend setzt sich die Industrie dafür ein, dass es bei der Umsetzung nicht zu Verschärfungen kommt, die deutsche Unternehmen im europäischen Wettbewerb benachteiligen oder zurückwerfen. Bundesregierung und EU-Kommission müssen das Augenmerk auch auf den internationalen Wettbewerb lenken. Die stark erweiterten Berichtspflichten erhöhen die Gefahr, dass Betriebs- und Geschäftsgeheimnisse veröffentlicht werden müssen und damit global verfügbar sind. Es droht ein Know-how- Abfluss infolge eines falsch verstandenen Transparenzbegriffes.

Neu in die europäischen Vorgaben aufgenommen wurde das Instrument eines »Berichtes über den Ausgangszustand des Bodens« sowie über die Beschaffenheit des Grundwassers (Baseline Report). Die Erstellung von Berichten über den Zustand des Bodens und des Grundwassers verursacht erhebliche Kosten, zusätzlichen Aufwand und ist für einen guten Boden- und Gewässerschutz in Deutschland nicht erforderlich. Folgen dieser Bestimmung werden erhebliche Verzögerungen von Vorhaben sein, und Investitionen werden massiv gehemmt.

Kostenpflicht für Ökosystemdienstleistungen

Ökosystemdienstleistungen und Biodiversität sind neue Leitbegriffe nachhaltiger Politik. Es ist nicht unproblematisch, den Menschen vornehmlich als Nutznießer und nicht als Teil des Ökosystems zu sehen. Für moderne Verwaltungsstaaten ist das neue Modell jedoch gut geeignet, Schutzgüter nutzungsunabhängig zu definieren, und die Nutzung der Ressourcen und Beeinträchtigungen der Biodiversität durch Verbote und fiskalische Elemente einzuschränken. Vor allem in der EU-Kommission ist das dynamisch verbreitet.

Die Zahl der Dienstleistungen, die der Mensch aus den Ökosystemen zieht, ist nahezu unbegrenzt. Solche Dienstleistungen umfassen unter anderem Nährstoff- und Wasserkreisläufe, Bodenbildung und -erhaltung, Beständigkeit gegen invasive Arten, Bestäubung von Pflanzen, Klimaregulierung und Bekämpfung von Schädlingen und Umweltverschmutzung.

Neben der Bewirtschaftung des Kohlenstoffkreislaufes durch den Handel mit CO?-Emissionszertifikaten gibt es Bestrebungen, auch die wichtige Naturressource Wasser stärker zu administrieren. Deren Bewirtschaftung hat eine lange Tradition, da unterschiedlichste Nutzer darauf zugreifen. Wasser ist Lebensmittel, Energiequelle, Produktionsmittel und vieles mehr.

Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat erste Eckpunkte für ein bundeseinheitliches Wasserentnahmeentgelt vorgelegt. Ziel ist die Verringerung der Grundwasserentnahme und Instrument die fiskalische Belastung der Wasserentnahme. Entscheidend und neu ist, dass bereits die Wasserentnahme entschädigungspflichtig wird und nicht erst die durch die Wassernutzung ausgelöste Umweltbelastung. Dies würde massive Folgen u. a. für die Industrie haben.

Alle Mitgliedstaaten der EU sollen durch eine entsprechende Wassergebührenpolitik angemessene Anreize setzen, Wasserressourcen effizient zu nutzen. Dabei sollen die verschiedenen Wassernutzungen (Industrie, Haushalte, Landwirtschaft etc.) unter Berücksichtigung des Verursacherprinzips einen angemessenen Beitrag zur Kostendeckung der Wasserdienstleistungen leisten, einschließlich umwelt- und ressourcenbezogener Kosten. Strittig ist zwischen der EU und einigen Mitgliedstaaten inklusive Deutschland die Interpretation der Definition der Wasserdienstleistungen.

Elf Bundesländer kennen bereits Entgelte für die Nutzung von Wasser. Mit dem Wasserentnahmeentgelt wird jedoch in der Regel kein Lenkungsziel, etwa die Senkung des Wasserverbrauchs, verfolgt, zumal in Deutschland kein ressourcenbedingter Wassermangel herrscht.

Die differenzierte Betrachtung und Bewertung der betreffenden Ökosystemdienstleistung tritt zunehmend in den Hintergrund und wird durch eine Ausweitung der Erhebungsgrundlagen ersetzt: Umfasst die entgeltpflichtige Förderung, Aufstauung oder Speicherung von Wasser für wirtschaftliche Tätigkeiten jeder Art auch die Landwirtschaft, die Binnenschifffahrt, den Bergbau, den Hochwasserschutz, die Nutzung von Kühlwasser?

Auch die wirtschaftliche Folgenabschätzung wird in den meisten Fällen unterschätzt. Die Erhebung eines Wasserentnahmeentgeltes betrifft nicht nur unmittelbar die Wasserentnehmer, sondern aufgrund der mit dem Gesetz intendierten Umlage der Wasserentnahmekosten auch den damit betroffenen Endverbraucher, der Wasser aus der allgemeinen Wasserversorgung bezieht. Alle Wassernutzer werden die Mehrkosten weiterwälzen, sodass eine Allokation in Konsum- und Investitionsgütern stattfindet und die Zahl der wettbewerbsbelastenden Faktoren sich weiter vergrößern würde.

Wann, wo und warum werden weitere Ökosystemdienstleistungen in die Betrachtung mit einbezogen? Die Balance zwischen dem regulierenden Staat auf der einen Seite und der Freiheit des Bürgers und der Industrie, verantwortungsbewusst selbst zu entscheiden, auf der anderen Seite, ist offensichtlich in Europa und Deutschland immer schwieriger herzustellen. Wir sind stärker denn je dabei, Schrauben der Belastung zu überdrehen, Bürger und Industrie zu überfordern, und wundern uns anschließend darüber, dass politische Ziele, Wohlfühlpolitik und individuelles Empfinden mit der dann geschaffenen Realität nicht mehr übereinstimmen.

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