Kostenpflicht für Ökosystemdienstleistungen
Ökosystemdienstleistungen und Biodiversität sind neue Leitbegriffe nachhaltiger Politik. Es ist nicht unproblematisch, den Menschen vornehmlich als Nutznießer und nicht als Teil des Ökosystems zu sehen. Für moderne Verwaltungsstaaten ist das neue Modell jedoch gut geeignet, Schutzgüter nutzungsunabhängig zu definieren, und die Nutzung der Ressourcen und Beeinträchtigungen der Biodiversität durch Verbote und fiskalische Elemente einzuschränken. Vor allem in der EU-Kommission ist das dynamisch verbreitet.
Die Zahl der Dienstleistungen, die der Mensch aus den Ökosystemen zieht, ist nahezu unbegrenzt. Solche Dienstleistungen umfassen unter anderem Nährstoff- und Wasserkreisläufe, Bodenbildung und -erhaltung, Beständigkeit gegen invasive Arten, Bestäubung von Pflanzen, Klimaregulierung und Bekämpfung von Schädlingen und Umweltverschmutzung.
Neben der Bewirtschaftung des Kohlenstoffkreislaufes durch den Handel mit CO?-Emissionszertifikaten gibt es Bestrebungen, auch die wichtige Naturressource Wasser stärker zu administrieren. Deren Bewirtschaftung hat eine lange Tradition, da unterschiedlichste Nutzer darauf zugreifen. Wasser ist Lebensmittel, Energiequelle, Produktionsmittel und vieles mehr.
Eine Bund-Länder-Arbeitsgruppe hat erste Eckpunkte für ein bundeseinheitliches Wasserentnahmeentgelt vorgelegt. Ziel ist die Verringerung der Grundwasserentnahme und Instrument die fiskalische Belastung der Wasserentnahme. Entscheidend und neu ist, dass bereits die Wasserentnahme entschädigungspflichtig wird und nicht erst die durch die Wassernutzung ausgelöste Umweltbelastung. Dies würde massive Folgen u. a. für die Industrie haben.
Alle Mitgliedstaaten der EU sollen durch eine entsprechende Wassergebührenpolitik angemessene Anreize setzen, Wasserressourcen effizient zu nutzen. Dabei sollen die verschiedenen Wassernutzungen (Industrie, Haushalte, Landwirtschaft etc.) unter Berücksichtigung des Verursacherprinzips einen angemessenen Beitrag zur Kostendeckung der Wasserdienstleistungen leisten, einschließlich umwelt- und ressourcenbezogener Kosten. Strittig ist zwischen der EU und einigen Mitgliedstaaten inklusive Deutschland die Interpretation der Definition der Wasserdienstleistungen.
Elf Bundesländer kennen bereits Entgelte für die Nutzung von Wasser. Mit dem Wasserentnahmeentgelt wird jedoch in der Regel kein Lenkungsziel, etwa die Senkung des Wasserverbrauchs, verfolgt, zumal in Deutschland kein ressourcenbedingter Wassermangel herrscht.
Die differenzierte Betrachtung und Bewertung der betreffenden Ökosystemdienstleistung tritt zunehmend in den Hintergrund und wird durch eine Ausweitung der Erhebungsgrundlagen ersetzt: Umfasst die entgeltpflichtige Förderung, Aufstauung oder Speicherung von Wasser für wirtschaftliche Tätigkeiten jeder Art auch die Landwirtschaft, die Binnenschifffahrt, den Bergbau, den Hochwasserschutz, die Nutzung von Kühlwasser?
Auch die wirtschaftliche Folgenabschätzung wird in den meisten Fällen unterschätzt. Die Erhebung eines Wasserentnahmeentgeltes betrifft nicht nur unmittelbar die Wasserentnehmer, sondern aufgrund der mit dem Gesetz intendierten Umlage der Wasserentnahmekosten auch den damit betroffenen Endverbraucher, der Wasser aus der allgemeinen Wasserversorgung bezieht. Alle Wassernutzer werden die Mehrkosten weiterwälzen, sodass eine Allokation in Konsum- und Investitionsgütern stattfindet und die Zahl der wettbewerbsbelastenden Faktoren sich weiter vergrößern würde.
Wann, wo und warum werden weitere Ökosystemdienstleistungen in die Betrachtung mit einbezogen? Die Balance zwischen dem regulierenden Staat auf der einen Seite und der Freiheit des Bürgers und der Industrie, verantwortungsbewusst selbst zu entscheiden, auf der anderen Seite, ist offensichtlich in Europa und Deutschland immer schwieriger herzustellen. Wir sind stärker denn je dabei, Schrauben der Belastung zu überdrehen, Bürger und Industrie zu überfordern, und wundern uns anschließend darüber, dass politische Ziele, Wohlfühlpolitik und individuelles Empfinden mit der dann geschaffenen Realität nicht mehr übereinstimmen.