Die WirtschaftsVereinigung Metalle fordert angesichts der massiven Abhängigkeit von China einen drastischen Kurswechsel in der Rohstoffpolitik. “Die Rohstoffversorgung muss in der nationalen Sicherheitsstrategie verankert und die heimische Industrie gestärkt werden. Die Konzentration der Nichteisenmetall-Produktion in China birgt erhebliche Erpressungs- und Lieferrisiken”, sagte Hauptgeschäftsführer Dr. Michael Niese nach der Veranstaltung “Verteidigung und Versorgung” des Verbandes im Bundestag, in der Expertinnen und Experten über die Rohstoffversorgung mit Blick auf die Verteidigungsfähigkeit diskutiert hatten.
Niese forderte ein strategisches Gremium, das die Versorgungssicherheit ständig im Auge behalten müsse.
“Der Bundessicherheitsrat hat seinen Namen nicht erfüllt. Es braucht vielmehr einen Ständigen Rat für kritische Abhängigkeiten.” Diesen hatte in der Diskussion auch der Politikwissenschaftler Dr. Jakob Kullik von der Technischen Universität Chemnitz vorgeschlagen. Die aktuelle Lage bezeichnete Kullik als Ergebnis jahrelangen Nicht-Handelns. “Die Rohstoffpolitik Deutschlands und der EU ist zu reaktiv, zu passiv, zu risikoscheu und zu regulatorisch”, fasste Kullik zusammen. Gebe es keine Änderung in der Politik, drohe ein weiteres verlorenes Jahrzehnt der Rohstoffsicherheit.
Gallium: Chinesische Regierung hat Versorgung vollständig unter Kontrolle
Die aktuelle Lage in der Wirtschaft erläuterten zwei Unternehmer der Branche. So sei man bei Gallium bei den Primärproduktionen nahezu zu 100 Prozent von China abhängig, erklärte Dr. Stefan Eichler, Technischer Direktor der Freiberger Compound Materials GmbH. Die chinesische Regierung habe die Versorgung vollständig unter Kontrolle. Eichler plädierte unter anderem dafür, die Recycling-Regelungen beim Handel mit internationalen Abfallströmen zu vereinfachen. “Mit deutlich mehr Recycling könnten wir unsere Abhängigkeit von China ungefähr um die Hälfte reduzieren.”
Auch beim Schwermetall Wolfram, das im militärischen Bereich durch seine hohe Dichte zum Beispiel bei panzerbrechenden Waffen eingesetzt wird, liegen 80 Prozent der Vorkommen in China. “Das Land hat damit schon seit Jahrzehnten eine klare Dominanz, die auch wirtschaftspolitisch radikal ausgenutzt wird”, sagte Dr. Hady Seyeda, Geschäftsführer von H.C.Starck Tungsten Powders. Die Primärproduzenten seien alle in staatlicher Hand und würden staatlich subventioniert. Inzwischen gebe es eine Unterversorgung mit Wolfram. Sein Unternehmen sei im nächsten Monat nicht mehr in der Lage, alle Aufträge bedienen zu können. Seyeda forderte nach dem Vorbild der USA mehr Engagement für Minen außerhalb Chinas, mehr Förderung für Recycling und die wirtschaftlichen Rahmenbedingungen für die Unternehmen der NE-Metallindustrie zu verbessern.
Auch Dr. Michael Niese hatte sich kritisch zu den massiven Standortnachteilen in Deutschland geäußert, insbesondere bei Energiekosten, Bürokratie und Umweltschutzkosten. Zugleich agiere China im Wettbewerb nicht marktwirtschaftlich, es handle sich vielmehr um eine strategisch gelenkte Wirtschaft. Die Politik in Deutschland und Europa müsse dieser Situation in der künftigen Strategie mehr Beachtung schenken.
Die WirtschaftsVereinigung Metalle (WVMetalle) vertritt die wirtschaftspolitischen Anliegen der Nichteisen-Metallindustrie mit rund 107.235 Beschäftigten in 627 Unternehmen. Im Jahre 2023 erwirtschaftete die Branche einen Umsatz in Höhe von 64,3 Milliarden Euro.